Noch nie wurden die Ressourcen der Erde so intensiv genutzt wie heute. Die immer knapper werdenden Rohstoffvorkommen führen in der Gesellschaft zunehmend zu einem Wandel im Umweltbewusstsein. Nicht nur bei den Verbrauchern, sondern auch in Unternehmen werden Klimaschutz, Abfallvermeidung und soziale Verantwortung immer größergeschrieben. Das unterstreicht auch etwa eine Studie des Instituts für Handel und internationales Marketing, der zufolge 80 Prozent der befragten Unternehmen in Deutschland und der Schweiz das Thema “Nachhaltigkeit” betonen. Zugleich erhöht sich aber der Materialbedarf in vielen Bereichen, etwa in der Möbelindustrie, aufgrund steigender Flexibilitätsanforderungen durch sich schnell ändernde Formen der Büroorganisation wie Co-Working und Open-Space. Auch in verwandten Branchen wie im Ausstellungs-, Messe- und Kulissenbau sind die Nutzungsdauern der verwendeten Ausstattungen deutlich kürzer als die eigentliche Lebensdauer.
Neue Lösungskonzepte müssen gefunden werden, idealerweise mit digitaler Unterstützung. Vor diesem Hintergrund hat sich ein Verbund aus Wissenschaft und Industrie zusammengefunden, um im Kontext der Möbel- und Ausstattungsindustrie eine digitale Plattform zur effizienten Ressourcenauslastungen (PERMA) zu schaffen. Das Forschungsprojekt PERMA greift das gesellschaftlich wachsende Bewusstsein zu mehr Nachhaltigkeit auf und zielt auf die Etablierung einer ressourceneffizienten Kreislaufwirtschaft im Möbel- und Objektbau. Neuartige Produktlebenszyklen und herstellerübergreifende Kompatibilitätsrichtlinien ermöglichen nachhaltige und flexible Wieder- und Weiternutzungen von Produkten in werterhaltender Form. Durch Erarbeitung innovativer Geschäftsmodelle entsteht eine Plattform von Akteuren für Re-Use, Up-, Down- und Recycling.
Die System 180 GmbH und die kubix GmbH repräsentieren Unternehmen der Möbel- und Ausstattungsindustrie. Die technische Umsetzung der Plattform erfolgt durch die StoneOne AG. Das benötigte Rahmenwerk (Methodenbaukasten, Prozesse und Gestaltungsregeln) der Plattform wird durch die beiden wissenschaftlichen Institutionen TU Berlin und HNE Eberswalde abgedeckt.
Das Projekt wird im Rahmen der Fördermaßnahme „Ressourceneffiziente Kreislaufwirtschaft – Innovative Produktkreisläufe (ReziProK)“ gefördert. „ReziProK“ ist Teil des BMBF-Forschungskonzeptes „Ressourceneffiziente Kreislaufwirtschaft“ und unterstützt Projekte, die Geschäftsmodelle, Designkonzepte oder digitale Technologien für geschlossene Produktkreisläufe entwickeln.
Doch wie schafft man ein kreislauffähiges Design?
Durch ein frühzeitiges Eingreifen in Design- und Planungsprozesse werden Produkte geschaffen, deren Grundkonzeption eine erhöhte Nutzungs- und Lebensdauer in kreislauforientierten Geschäftsmodellen bedient.
Zur Optimierung der Rohstoffeffizienz im Sinne einer ganzheitlichen Wieder- und Weiternutzung entwickelt das Projektkonsortium PERMA eine offene Produkt- und Rohstoffplattform. Basierend auf dem Drei-Säulen-Modell zur ökonomischen, ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit werden innovative Geschäftsmodelle erarbeitet. Der Einsatz umweltschonender Materialien und eine im Produktdesign integrierte Modularität sowie herstellerübergreifende Kompatibilität eröffnen neuartige Produktlebenszyklen.
Die parametrisierte Modularität
Neben einer Sekundärnutzung der Produkte und deren Teilkomponenten werden zunächst kreislauffähige Wiederverwendungsmöglichkeiten durch Up- und Downcycling untersucht. Erst abschließend wird eine Rückführung der Rohstoffe über Recycling erwägt. Als Grundlage hierfür dient eine technisch umgesetzte, ganzheitliche Darstellung auftretender Produktstrukturen und Produktlebenszyklen.
Innerhalb des Nutzungskonzeptes werden Fertigungsmerkmale und Fertigungskriterien erhoben, anhand derer Wiederverwendungsparameter definiert werden. Sowohl neue als auch gebrauchte Möbel und Materialkomponenten diverser Akteure in der Möbel- und Ausstattungsindustrie können so mit entsprechender Parametrisierung ihrer Produkt- und Qualitätsmerkmale über die Plattform zur Weiternutzung bereitgestellt werden.
Eine offene IT-Plattform
Zu Beginn erarbeiteten die beiden produzierenden Unternehmen SYSTEM 180 GmbH und kubix GmbH gemeinsam innovative Geschäftsmodelle. Ableitend daraus entstehen Produktstrukturen und Anwendungsanforderungen, die als Grundlage für die Erstellung der Plattform dienen. Des Weiteren wird mit den beteiligten wissenschaftlichen Institutionen eine Bewertungsmatrix kreislauffähiger Produkt- und Qualitätsmerkmale etabliert. Abschließend werden entsprechende Resultate maßgeblich die Struktur der Plattform bestimmen, deren prototypische Erstellung durch die Experten von StoneOne erfolgt.
Mit einem entsprechenden Prozessrahmenwerk und einem Methodenbaukasten sowie Gestaltungsregeln werden teilnehmende Unternehmen während der gesamten Produktentstehung bei der ressourceneffizienten Gestaltung von Produkten unterstützt. Durch die Zentralisierung von Prozessen und Tätigkeiten innerhalb der Plattform potenzieren sich die positiven Ressourceneffekte in Form verlängerter Nutzungsdauer und intelligenten, auch branchenübergreifenden Geschäftsmodellen für die Wieder- und Weiterverwendung im gesamten Kreislauf.

Mit der Öffnung der Plattform für diverse Akteure – vom Rohstofflieferanten bis hin zum Anwender – kann eine große Community erreicht und die Ressourceneffizienz entlang des gesamten Möbel– und Komponentenkreislaufs optimal ausgestaltet werden. Herstellerübergreifende Kombinationsmöglichkeiten modularer Bauteile tragen maßgeblich zur Erhöhung der Flexibilität und des gesamten Wertangebots für den Anwender bei.
Welche Ergebnisse erwarten wir?
Mit Umsetzung des Projekts entstehen eine nutzbare Plattform und ein “Schaufenster” mit konkreten Prozessen und Werkzeugen, sodass Unternehmen sowohl aus der Möbelindustrie als auch aus anderen Branchen für das Thema Ressourceneffizienz sensibilisiert werden.
Unter Verwendung der Plattform werden Unternehmen aller Branchen kreislaufgerechte Produktdesigns (ausgelegt auf Mehrfachnutzung) aufgezeigt und gleichzeitig mit integrierten, konkreten Methoden und Gestaltungsregeln eine Unterstützung während der gesamten Produktentstehung angeboten. Gesetzliche Vorgaben der EU zur Recyclingquote werden erfüllt. Bereitgestellte Anforderungsprofile und kontinuierliche Bewertungen für sämtliche infrage kommenden Materialien befähigen Unternehmen zur Materialauswahl und Montageplanung unter Berücksichtigung der beabsichtigten Nachnutzungskonzepte.
Die Ressourceneffizienz bietet Unternehmen die Möglichkeit zur Differenzierung im Wettbewerb und öffentlichen Auftraggebern ein wertvolles Kriterium bei Ausschreibungen. Die erarbeiteten Richtlinien für ressourceneffiziente Produktgestaltung können zum Industriestandard erhoben werden.
Die Ergebnisse des Projekts motivieren auf Mikroebene hoffentlich weitere Unternehmen zur Beteiligung an der Plattform und auf Makroebene werden Nachahmer dazu angeregt, ähnliche Projekte zu initiieren.