Spricht man von Themen wie Digitalisierung, Industrie 4.0, Smart Cities oder Smart Grids vergisst man schnell, welche Art von Technologie dahinter eine entscheidende Rolle einnimmt: Künstliche Intelligenz. So gut wie keine Digitalisierungsstrategie kommt ohne den Einsatz von Künstlicher Intelligenz aus. Das hat einen einfachen Grund: In vielen Fällen wird versucht Systeme zu entwickeln, die im Gegensatz zu Menschen die Informationsdichte moderner Produktionsabläufe und Sensornetzwerke verarbeiten können. Deshalb soll im Folgenden erläutert werden, was künstliche Intelligenz genau ist und wie sie arbeitet.
Künstliche Intelligenz (engl. Artificial Intelligence) beschreibt die Automatisierung intelligenten Verhaltens durch Maschinen. Diese sollen hierbei durch die Verarbeitung von Daten Entscheidungen treffen und unter Umständen Aktionen ausführen können. Sie werden also in die Lage versetzt, Daten aus der Umgebung, in der sie arbeiten, zu konsumieren und diese auf der Basis zuvor gelernter Zusammenhänge möglichst automatisiert auf Interaktionen mit ihrer Umgebung abzubilden.
Abbildung 1: Ein KI-getriebener Agent entscheidet auf Grundlage von externen Daten, ob eine Maschine gewartet oder der Produktionsfluss umgesteuert werden muss.
Dieses Prinzip soll im Folgenden anhand eines einfachen Beispiels für das frühzeitige Erkennen und Beheben von Fehlern und Mängeln von Maschinen in einem Produktionsablauf erläutert werden. Eine Anwendung von KI in diesem Zusammenhang wird gemeinhin auch Predictive Maintenance genannt. So kann eine KI durch die Analyse des Normalbetriebs einer Maschine Abweichungen von diesem identifizieren, an Mitarbeiter melden oder gar vollautomatisiert Störungen beheben. Für die Detektion von Abweichungen vom Normalbetrieb ist es wichtig, signifikante Analyseparameter, wie z.B. minimale Qualitätsunterschiede (Längendifferenzen, Oberflächengüte etc.) oder auch akustische Signale von Maschinen zu analysieren, welche zeitnah auftretende Probleme andeuten können. Natürlich ist es in Produktionsprozessen nicht immer einfach und offensichtlich, was diese Parameter genau sind.
KI hat jedoch sehr viel mehr Facetten und Ausprägungen als die soeben beschriebenen, arbeitet jedoch weitgehend mit denselben Methoden. Wie genau werden denn zum Beispiel Qualitätsunterschiede eines Produktes verarbeitet und ausgewertet? Wie vergleicht man den Tonus des normalen Betriebsablaufs einer Maschine mit ungewöhnlichen Geräuschen? Die Antwort hierauf ist, dass eine Künstliche Intelligenz Abläufe bzw. Informationen erlernen muss. Dieser Lernprozess wird als Maschinelles Lernen (engl. Machine Learning) bezeichnet. Gemeinhin unterscheidet man 3 Kategorien des Maschinellen Lernens: Überwachtes Lernen, unüberwachtes Lernen und bestärkendes Lernen.
Beim überwachten Lernen (engl. Supervised Learning) wird einem System durch ein vorheriges Training mit Datensätzen beigebracht, Muster in diesen zu erkennen und neue Datensätze auf Grundlage dieser Muster zu bewerten. Bezugnehmend zu unserem Beispiel des Predictive Maintenance kann überwachtes Lernen z.B. eingesetzt werden, um zu erkennen, ob ein Produkt den Qualitätsanforderungen entspricht. Dabei lernt das System anhand bekannter Datensätze, ob diese beispielsweise auf Störungen oder Ausschuss einer Maschine hinweisen. Historische Datensätze, bei denen bekannt ist, ob sie auf ein Problem hindeuten oder auch nicht, werden gelabelte Datensätze genannt.
Abbildung 2: Auf Basis eines vorangegangenen Trainings mit einer Vielzahl von Daten entscheidet der Agent für neue, unbekannte Daten, ob sie zu Fehlern im Produktionsablauf führen können oder nicht.
Unüberwachtes Lernen (engl. Unsupervised Learning) versucht hingegen autonom Strukturen in gegebenen Datensätzen zu erkennen, die a priori nicht bekannt sind. D.h. dieses Verfahren kann mit Datensätzen umgehen, die für das Lernen nicht gelabelt sein müssen. Ein wichtiger Einsatz von unüberwachtem Lernen im Bereich unseres Beispiels von Predictive Maintenance besteht z.B. darin, die für eine Störung wesentlichen Einflussgrößen aus einem großen Pool an Daten zu identifizieren und umgekehrt zu erkennen, welche Daten keinen Einfluss haben. Dieses Verfahren nennt man Dimensionsreduktion von Daten und ist in der heutigen Zeit von Big Data ein häufig notwendiges Mittel, um die schiere Menge an Daten im Griff zu behalten.
Abbildung 3: Anhand von Mustern in großen Datensätzen stellt der Agent fest, welche die dominanten Faktoren (Features) für einen fehlerhaften Betriebsablauf sind. Die menschliche Analyse scheitert am Umfang und der Menge der Daten.
Zuletzt beschreibt bestärkendes Lernen (engl. Reinforcement Learning) den Prozess, die optimale Vorgehensweise eines Ablaufs zu finden, bei welchem die Anzahl der möglichen Aktionen begrenzt ist. Gespiegelt auf unser Predictive Maintenance Szenario kann ein sogenannter Agent beispielsweise Aktionen zur Behebung einer Störung vollautomatisiert anstoßen. Dabei bemisst er jeder Aktion, die er ausführen kann, einen Nutzen bei und wählt eine Strategie, also eine Abfolge von Aktionen, aus, die durch die Optimierung des Nutzens einer optimalen Störungsbehebung entspricht.
Abbildung 4: Der Agent erlernt eine Strategie zur Lösung von Problemen, indem er ihm bekannte Aktionen zur Problemlösung ausprobiert. Er erhält zu bestimmten Zeitpunkten Rückmeldung über die Güte seiner Aktionen durch ein Bewertungssystem und approximiert dabei eine Nutzenfunktion, die den Wert von Aktionen und Systemzuständen beschreibt.
Es bleibt natürlich festzuhalten, dass die Umsetzung der Kategorien des maschinellen Lernens so vielfältig wie ihre Einsatzmethoden sind und dementsprechend den Rahmen des skizzierten Beispiels von Predictive Maintenance sprengen. Denkbar ist eine breite Spanne von Anwendungsfällen wie die Anwendungen von Bild- und Spracherkennung bis hin zur automatisierten Anpassung von Produktionsschritten in der auf Losgröße 1 optimierten flexiblen Fertigung. Deshalb ist es notwendig, den Fokus frühzeitig auf strategisch wichtige Themengebiete zu lenken und Potentiale zu identifizieren, um später nicht den Zug verpasst zu haben.